Interaktives
Personenverzeichnis
Pierre
Bourdieu -
Zur Person
Pierre Bourdieu, am
1.August 1930 in Denguin (Pyrénées Atlantiques) geboren,
besuchte dort das Lycée de Pau und wechselte 1948 an das berühmte
Lycée Louis-le-Grand nach Paris.
Nachdem er die Eliteschule
der École Normale Supérieure durchlaufen hatte, folgte eine
außergewohnliche akademische Karriere. Von 1958 bis 1960 war er
Assistent an der Faculté des lettres in Algier, wechselte dann
nach Paris und Lille und wurde 1964 Professor an der École Pratique
des Hautes Études en Sciences Sociales. Im selben Jahr begann er,
die Reihe Le sens commun beim Verlag Éditions de Minuit
herauszugeben und erhielt einen Lehrauftrag an der École Normale
Supérieure. Es folgten Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte
in Princeton und am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Seit
1975 gibt er die Forschungsreihe Actes de la recherche en sciences
sociales heraus. 1982 folgte schließlich die Berufung an das
Collége de France. 1993 erhielt er die höchste akademische
Auszeichnung, die in Frankreich vergeben wird, die Médaille
d'or des Centre National de Recherche Scientifique. 1997 wurde ihm
der Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen verliehen. In seinen ersten
ethnologischen Arbeiten untersuchte Bourdieu die Gesellschaft der Kabylen
in Algerien. Die in der empirischen ethnologischen Forschung gemachten
Erfahrungen bildeten die Grundlage für seine 1972 vorgelegte Esquisse
d'une théorie de la pratique (dt. Entwurf einer Theorie der
Praxis, 1979).
In seinem wohl bekanntesten
Buch La distinction (1979, dt. Die feinen Unterschiede, 1982) analysiert
Bourdieu, wie Gewohnheiten, Freizeitbeschäftigungen und Schönheitsideale
dazu benutzt werden, das Klassenbewußtsein auszudrücken und
zu reproduzieren. An zahlreichen Beispielen zeigt Bourdieu, wie sich Gruppen
auf subtile Weise durch die feinen Unterschiede in Konsum und Gestus von
der jeweils niedrigeren Klasse abgrenzen.
Mit Le sens pratique
(dt. Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft, 1987) folgte
1980 eine ausführliche Reflexion über die konkreten Bedingungen
der Wissenschaft, in der Bourdieu das Verhältnis von Theorie und
Praxis neu zu denken versucht. Ziel dieser Analysen ist es, die "Objektivierung
zu objektivieren" und einen Fortschritt der Erkenntnis in der Sozialwissenschaft
dadurch zu ermöglichen, dass sie ihre praktischen Bedingungen kritisch
hinterfragt.
Seit dem Beginn der
90er Jahre engagiert sich Bourdieu für eine demokratische Kontrolle
ökonomischer Prozesse. 1993 rief er zur Gründung einer "Internationalen
der Intellektuellen" auf, deren Ziel darin besteht, das Prestige und die
Kompetenz im Kampf gegen Globalisierung und die Macht der Finanzmärkte
in die Waagschale zu werfen. Die im selben Jahr gegründete Zeitschrift
Liber soll dazu ein unabhängiges Forum bieten. Seine politischen
Aktivitäten zielen darauf ab, eine Versammlung der "Sozialstände
in Europa" einzuberufen, die den europäischen Einigungsprozess kontrollieren
und begleiten soll.
Pierre Bourdieu stirbt
am 23. Januar 2002 in Paris.
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