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       Interaktives Personenverzeichnis 
          
      Max Peter Baumann ist 
        Professor für Ethnomusikologie an der Otto-Friedrich-Universität 
        Bamberg. Er ist Herausgeber der englsichsprachigen Fachzeitschrift "The 
        World of Music". Er promovierte in Bern und lehrte an der Freien Universität 
        Berlin und an der Columbia University New York. Von 1987 bis 1997 war 
        er Direktor des Internationalen Instituts für traditionelle Musik 
        in Berlin.  
      Hier ein Ausschnitt 
        aus seinen Internetveröffentlichungen zum Thema Kulturwissenschaft: 
         
      1. Kulturalistische 
        Wende  
      Seit den 90er Jahre 
        wird ein kulturwissenschaftliches Paradigma gefordert, das - im Unterschied 
        zu den isolierenden Einzeldisziplinen der Geisteswissenschaften - auf 
        der Grundidee des transversalen und interkulturellen Dialoges aufbaut. 
        Diese kulturalistische Wende fragt nach der Standortbestimmung der einzelnen 
        Disziplinen angesichts der weltweiten transkulturellen Kommunikation. 
         
      2. Kulturwissenschaftliches 
        Paradigma und Kulturbegriff  
      Der Begriff "Kultur" 
        wird im kulturwissenschaftlichen Paradigma im Plural verwendet und verbindet 
        sich mit einer fachübergreifenden Fragestellung und Kooperation. 
        Die Kulturwissenschaften werden als Verbundsystem für transdisziplinäre 
        Forschungsvorhaben gesehen (insbesondere auch in Sonderforschungsbereichen). 
        Kulturwissenschaftliches Denken ist grenzüberschreitend, integrativ 
        und dialogisch. Es soll die Geisteswissenschaften modernisieren (Wolfgang 
        Frühwaldt). Diese Neuorientierung verlangt einen "erweiterten Kulturbegriff". 
        Er soll den Blick frei machen für den grundsätzlichen Konstruktcharakter 
        von kulturellen Ausdrucksformen. Wegen des weltweiten Synkretismus aller 
        Kulturen muss inzwischen der Begriff der "Kultur" sowohl "stofflich" als 
        "räumlich" erweitert werden (Hartmut Böhme). Der Begriff wird 
        nicht mehr auf angeblich homogene, authentische oder mehr oder weniger 
        "bedrohte" Identitäten bezogen, sondern auf die mentalen 
        Konstrukte von Gruppen und Institutionen im jeweiligen Aushandeln von 
        Bedeutungen" (Andreas Wimmer). Kultur als Gedächtnis sozialer Systeme 
        wird nicht mehr einfach in der Wahrung ihrer Identität, sondern als 
        "soziales Schließen" und im Dialog mit anderen Kulturen zum Gegenstand 
        wissenschaftlicher Reflexion (Hans Robert Jauß). Sie wird nicht 
        als eine essentialistische oder abgehobene Sphäre der Gesellschaft 
        verstanden, sondern "als eine Dimension aller sozialer Interaktionen" 
        und als "Inbegriff der menschlichen Arbeit und Lebensformen" (A. Bahadir). 
        "Kultur" ist die Perspektive, die für die Beobachtung von "Kulturen" 
        im Plural entwickelt wird. Die Selbstvergewisserung der Interpretierenden 
        wird mit reflektiert und selber auch als eine Verfahrensform von Kulturerzeugung 
        begriffen.  
      3. Methodik: Interdisziplinarität 
        und interkulturelle Hermeneutik  
      Anstelle der großen 
        Meta-Erzählung, welche bis anhin die eine Philosophie, Weltanschauung 
        oder Institution exklusiv zu legitimieren versuchte, treten die Differenz, 
        der Dissens und die Pluralität, welche essentialistische Auffassungen 
        schrittweise dekonstruieren, mithin auch dekolonialisieren. Im Dialog 
        der Kulturen soll die Methodik einer interkulturellen Hermeneutik entwickelt 
        werden, die langfristig einen Ausweg zwischen "zentristischem Universalismus" 
        und "separatistischem Partikularismus" suchen soll (vgl. Manfred Brocker). 
        Es besteht Übereinstimmung, dass Kulturwissenschaften interdisziplinär 
        und interkulturell sein müssen. Diese Interdisziplinarität ist 
        jedoch an entwickelte Einzeldisziplinen gebunden. "Im Zentrum der Kulturforschung 
        stehen die historischen Medien der Erzeugung von kultureller Kommunikation, 
        von Gedächtnis und Weltwahrnehmung. Orale Formen der kulturellen 
        Reflexion werden ebenso als Medien begriffen wie die ausdifferenzierten 
        Techniken der Schriftkultur und schließlich die auf komplexen technischen 
        Konfigurationen beruhenden Medien des Printsektors, der visuellen Massenmedien 
        und der computergestützten Kultur, die sämtliche audiovisuellen 
        Medien in sich absorbiert und transformiert." (Hartmut Böhme) Kulturwissenschaftliches 
        Denken ist fachübergreifend, ohne dass das Einzelfach sich aufgeben 
        muss, allerdings sollte hierbei der Rahmen der Einzelfachperspektive erweitert 
        werden. Eine der grundlegenden Ideen ist es, geisteswissenschaftliche 
        Fächer in einen interdisziplinären oder transdisziplinären 
        Diskurs einzubinden, um folgendes zu bewirken:  
      1. Aktivitäten 
        und den Informationsfluss zwischen den Fächern zu intensivieren (interuniversitäre 
        Kommunikation und fachübergreifender Dialog),  
      2. interdisziplinäre 
        Forschungsinteressen zu bündeln (Interdisziplinarität),  
      3. gemeinsam grenzüberschreitende 
        Fragestellungen zu artikulieren (Transdisziplinarität),  
      4. Untersuchungen unter 
        gemeinsamen Fragestellungen zu vergleichen (Komparatistik),  
      5. eine Hermeneutik 
        der interkulturellen Forschung zu entwickeln (Interkulturalität), 
         
      6. die Fragestellungen 
        und Interessen zu bündeln, um ihnen ein stärkeres Gewicht an 
        der Universität zu verleihen (Synergie-Effekt),  
      7. bessere Forschungsbedingungen 
        zu schaffen (Drittmittel),  
      8. einen breiteren Interessentenkreis 
        zu gewinnen (Öffentlichkeit).  
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